Sonntag, 1. Dezember 2013

Wortreich der Wüstenliebe

Der warme Wüstenwind
streicht zärtlich übers Gesicht, umflattert vom Zipfel des Chechs, des 4 Meter langen Beduinenschleiers. Du spürst die Wärme der Mittagssonne auf der Haut, sie hüllt dich ein wie ein Mantel aus Licht. Durch die geschlossenen Lider blendet es rötlich...
Es gibt nichts zu tun, nichts zu bedenken, nichts zu entscheiden.
Es ist wie es ist.
Auf einmal hörst du das vertraute Knistern, Ästchen vom ausgedörrten alten Busch knacken im mittäglichen Lagerfeuer.
Kehlige Männerstimmen rufen zum Aufbruch, Kameltreiber schnalzen mit der Zunge. Memchou – auf geht’s !
Du sitzt sicher im Sattel. Vor dir ein Kamel, hinter dir ein Kamel, ein Tier am anderen mit Seilen verbunden. Ganz langsam setzt sich die Karawane in Bewegung, zieht in weiten Bögen über die hohen Dünen, die Wellenkämme des Meeres aus Sand.
Wir haben alle Zeit der Welt. Nur Himmelblau und Sand soweit das Auge reicht. Es könnte ewig so weiter gehen -
bis ans Ende der Zeit.

Von der Einfachheit kosten

Ahmet, unser kameltreibender Bäcker, schüttet Wasser aus dem leuchtend blauen Kanister ins Mehl und streut die Salzkörner gekonnt dosiert aus der praktischen Plastikflasche in die Schüssel. Mit seinen  Hirtenhänden knetet er die Teigkugel, bis er freihändig eine schöne Scheibe daraus ziehen und formen kann. Wenn das Morgenfeuer genug Holz vertilgt hat und die Kohlen glühen, legt er den Teig dazwischen und bedeckt diesen einfachen Wüstenbackofen mit Sand. Wenn sich nach etwa 15 Minuten erste kleine Luftspiralen im Sand bilden, ist das „Hobsa“ fertig. Mit einem Stock schiebt Ahmet die Kohlen zur Seite und spätestens, wenn er Asche und Kohlenreste mit einem Tuch vom heißen Brot klopft, nehme ich die rauchige Witterung auf und schlüpfe frischgebacken aus meinem vom Morgentau durchtränkten Schlafsack.

Den warmen Geschmack des krustigen Fladenbrotes schon auf der Zunge.

XSAR GHILANE

Zum ersten Mal erlebe ich die Palmenoase im Herbst 2010 im Dunkel der Nacht. Nach 14stündiger Anreise kommt unsere süddeutsche Reisegrupe todmüde in den Dünen an. Die Beduinencrew empfängt uns am knisternden Lagerfeuer mit einer Lammfleischsuppe, bevor wir uns unter Millionen Sternen auf Matratzen betten und in warme Mumienschlafsäcke einkuscheln. Erst im Morgengrauen höre und sehe ich, wie ein Dutzend Dromedare kauend und wiederkäuend um unser Lager streift.

Xsar Ghilane wirkt mitten in der tunesischen Sahara wie ein vom Rest der Welt vergessenes Dorf unter Dattelpalmen, doch jedes Jahr kommen Tausende von Touristen hierher, um ihre Wüstentour mit einem Bad in den schlammigen Quellen, die von Cafés und Souvenirläden umzingelt sind, genüsslich zu beenden. Oder um zu guter letzt noch einen Abstecher zu der Burgruine mit ein paar legendären lateinischen Inschriften zu machen. Vor unserer stillen Karawane und lange vor erlebnishungrigen Italienern, Russen und Franzosen mit ihren schnellen Motorrädern, Quads und Jeeps haben schon die Römer die Aussicht auf das Meer aus rotem Sand genossen.


Anita Schlesak
Ein Paradies aus Nichts" – Sehnsucht nach der Wüste - die Sahara erleben !

Wenn der Wind den Kopf frei pustet,
Saharasand – fein wie Puder – Sinne und Seele reinwäscht
und die gespitzten Ohren der Stille lauschen...

Als Ulmer Radiojournalistin und Lebenstänzerin baue ich Brücken zwischen Menschen und Kulturen.
Seit 2009 vom Wüstenvirus infiziert begleite ich Menschen mit Fernweh in die Weite der Wüste.
Denn diese weglose Landschaft macht es uns leicht, in die Stille des Herzens einzutauchen.
Sagen doch die Beduinen, dass Gott aus der Wüste alles Überflüssige entfernt hat !

0170 - 28 19 065

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